Über hohen Besuch freute sich der Selbsthilfebeirat (SHB) in seiner Sitzung am 17. Oktober 2017: Dorothee Schiwy, seit Juli 2016 als Sozialreferentin die oberste „Dienstherrin“ des Bürgergremiums, hatte sich trotz hoher Arbeitsbelastung die Zeit genommen, sich im persönlich Gespräch mit dem SHB über die Gegenwart und Zukunft der Selbsthilfeförderung in München zu informieren. Begleitet wurde sie von Matthias Winter, im neuen Dachbereich „Gesellschaftliches Engagement“ auch verantwortlich für das Sachgebiet „Bürgerschaftliches Engagement“, sowie von Brigitte Halbeck, der Leiterin dieses Sachgebiets, in der auch die Selbsthilfeförderung angesiedelt ist.
Nach einer persönlichen Vorstellung schilderte Frau Schiwy dem Beirat ihre Erfahrungen im ersten Jahr als Leiterin der weit verzweigten Riesen-Behörde (rund 4500 Mitarbeiter/innen), zu der u.a. das Amt für Wohnen und Migration und das Jugendamt gehören. Dass in einer Stadt, die jedes Jahr um die Bewohnerzahl einer Kleinstadt (29.000 Neubürger) wächst, besonders die Themen Wohnen und Migration eine überragende Rolle spielen, führte sie dem Beirat anhand drastischer Beispiele vor Augen.
Herr Winter erklärte die Organisationsstruktur im neu geschaffenen Bereich „Gesellschaftliches Engagement“: Dieser ist nun in die drei Abteilungen Bürgerschaftliches Engagement (BE), Unternehmens-Engagement (UE) und Stiftungs-Engagement (SE) unterteilt. Sowohl Schiwy als auch Winter zeigten sich sehr beeindruckt, wie tief verwurzelt in München das Engagement einzelner Bürger, aber auch vieler Gruppen, Unternehmen und Stiftungen sei – und wie wichtig für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft. „Wir sind hier noch immer am Dazu-Lernen“, sagte die Referentin und versicherte, dass allen Engagierten in den Selbsthilfegruppen ihre höchste Anerkennung gelte: „Ohne die Selbsthilfe und ihre Aktiven wäre unsere Stadt deutlich ärmer – und kälter.“
Mit großem Interesse hörten sich die Besucher/innen dann die Selbstvorstellung der anwesenden Beirats-Mitglieder an, die kurz schilderten, in welchen Bereichen der Selbsthilfe ihre jeweiligen Gruppen tätig sind. Die Bandbreite reichte vom Blauen Kreuz (Gesundheits-Selbsthilfe) und zahlreichen Migrationsgruppen bis zum VäterNetzwerk München (Familien-Selbsthilfe) und dem Bündnis Bezahlbares Wohnen, das sich als Vertreter der Sozialen Selbsthilfe vor allem mit dem Thema Wohnen in München befasst.
Als Geschäftsführer des Selbsthilfebeirats dankte Erich Eisenstecken den Referatsverantwortlichen, dass nach vielen Jahren der problematischen Unterbesetzung nun die Personaldecke in der Abteilung Gesellschaftliches Engagement/Bürgerschaftliches Engagement des Sozialreferats wieder soweit gestärkt sei, dass Beirat und Selbsthilfezentrum (SHZ) eine deutlich schnellere Bearbeitung der Anträge bemerken konnten. Kritisch anzumerken bleibe allerdings, dass dies bisher noch nicht zu einer generell rascheren Auszahlung der Fördergelder an die Gruppen geführt habe: Noch immer dauere es z.T. bis weit in den Sommer hinein, bis Gruppen endlich die Bescheide (und damit auch ihr Geld) bekämen. Der Grund dafür: Inzwischen gelten im Referat neue Vorschriften, die die Mitarbeiter/innen dazu anhalten, noch zusätzliche Stellungnahmen anderer städtischer Stellen zur Beurteilung der Anträge einzuholen. Und das dauere zum einen oft sehr lange, zum anderen kämen manchmal ablehnende Beurteilungen, die schlichtweg nicht zu verstehen seien. Die Referatsleitung bat hier einerseits um Verständnis, dass eine hinreichende Absicherung der Verwaltungsentscheidungen notwendig sei. Sie sagte aber auch ihre Unterstützung für eine Beschleunigung der Antragsverfahren in der Zukunft zu.
Eine andere Anregung, die der Beirat als äußerst wünschenswert anführte, stieß bei den Besucher/innen aus der Verwaltung eher auf Zurückhaltung: Schon lange fordert der Selbsthilfebeirat, dass eine neue Lösung gefunden werden sollte für Gruppen, die nach fünf Jahren aus der Förderung „herausfielen“, weil dies in der Selbsthilfe nicht länger möglich sei – außer in wenigen begründeten Ausnahmefällen. Denn nur wenige Gruppen eröffne sich nach dieser Zeit der Weg in die Regelförderung – und auf der Strecke blieben dadurch immer wieder kleinere SH-Gruppen, die den strengeren Anforderungen der Regelförderung oft nicht gewachsen sein, deren Anliegen aber zu wichtig seien, als dass man sie einfach aus allen Fördermöglichkeiten herausfallen lassen dürfe.
Hierzu erläuterte die Sozialreferentin, sie halte es aufgrund des Sparzwangs, der derzeit in der Stadt herrsche, für kaum durchsetzbar, eine Ausweitung der Förderdauer in der Selbsthilfe selbst für kleine Gruppen zu erreichen. Andererseits aber regte sie an, sich neue Gedanken dazu zu machen, wie ein „dritter Weg“ – zwischen Aufnahme in die Regelförderung und kompletten Wegfall jeglicher Förderung – für solche Gruppen möglich gemacht werden könne. Dazu allerdings, so merkte Schiwy an, sei es unerlässlich, dass sich die Organe der Selbsthilfe auch wirklich selbst helfen – und sich um eine verstärkten Unterstützung für ihr Anliegen im Stadtrat bemühten. Anders, so meinte sie, gäbe es hier wohl kaum Aussicht auf ein Weiterkommen.
Diese Anregung nahmen die Beiräte zwar verhalten, aber doch mit Interesse auf. Im Namen aller plädierte Pavlos Delkos, bestellter Beirat für den Bereich Soziales und langjähriges Mitglied im SHB, dafür, künftig verstärkt und parteiübergreifend auf Stadtratsmitglieder zuzugehen, deren Interesse ohnehin im sozialen Bereich lägen. Der Selbsthilfebeirat wird sich daher darum bemühen, in den nächsten Monaten parteiübergreifend Stadträtinnen und Stadträte einzuladen, um ihnen die wichtigen Anliegen der Selbsthilfe in München nahezubringen und sie um aktive politische Unterstützung zu bitten.
Zu den Personen
Dorothee Schiwy (45) leitet seit 1.7.2016 das Sozialreferat der Stadt München. Die studierte Juristin war in den 2000-er Jahren zunächst Sprecherin der SPD-Stadtratsfraktion, ab 2009 dann die Stabschefin des damaligen OB Christian Ude. Ab 2014 leitete sie die Verwaltung im Referat für Bildung und Sport (RBS), bevor sie 2016 als Nachfolgerin von Brigitte Meier ins Sozialreferat wechselte.
Matthias Winter, ebenfalls Jurist, war bei Radio Brandenburg als Journalist tätig, bevor er in München das Amt des Pressesprechers der städtischen Kliniken übernahm. 2015 wechselte er ins Sozialreferat, wo er seit Januar 2017 als stellvertretender Leiter des Bereichs „Gesellschaftliches Engagement“ auch für die Selbsthilfeförderung verantwortlich ist.
Winfried Rauscheder, gewähltes Mitglied im Selbsthilfebeirat für den Bereich Familienselbsthilfe,
Mitglied im Väter Netzwerk München e.V.